Friedrich Schorlemmer liest, am 16. Oktober 2012, um 20:00 Uhr, aus seinen Erinnerungen „Klar sehen und doch hoffen“
„Mit 14 Jahren wusste ich, dass ich in Opposition zum Staat DDR stehe, aber dennoch das Land nicht verlassen würde“, schreibt Friedrich Schorlemmer in seiner politischen Autobiographie. Er wurde kein Dissident, auch kein einsamer Prophet, sondern mischt sich seit mehr als vier Jahrzehnten ein als Pfarrer, Bürgerrechtler, als Publizist.
Er hat die Friedens- und Umweltbewegung in der DDR mitbegründet und gehörte zu jenen engagierten Theologen, die weit über die Kirche hinaus wirkten. Im Gegensatz zu den meisten Oppositionellen in der DDR hat er sich nach der friedlichen Revolution nicht vereinnahmen lassen und nie Bedürfnisse nach simpler Abrechnung mit der SED-Diktatur und der Stasi bedient.
Während andere ehemalige „Systemgegner“ das „beglückende Erlebnis der Freiheit“ pathetisch feiern und die Gegenwart verklären, sucht er nach Alternativen zur Zuschauerdemokratie, kritisiert eine Politik, die Terror und Gewalt mit Krieg und Gegengewalt bekämpft. Er polemisiert gegen die Kluft zwischen Arm und Reich, warnt vor der Gewöhnung an den Klimawandel. Sein Appell, sich nicht entmündigen zu lassen, Verantwortung zu übernehmen, damit die Schöpfung bewahrt und unsere Gesellschaft menschlicher wird, weist in die Zukunft.
Friedrich Schorlemmer, geb. 1944 in Wittenberge/Elbe, aufgewachsen in der Altmark, Publizist und Theologe.
1978–1992 Dozent am Evangelischen Predigerseminar und Prediger an der Schloßkirche in der Lutherstadt Wittenberg, 1992–2007 Studienleiter an der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg. 1989 erhielt er die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte, 1993 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 2009 Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Mitherausgeber der Wochenzeitung „Freitag“ und der „Blätter für deutsche und internationale Politik“.
(c) Foto Friedrich Schorlemmer: Sandy Rau Buchen