Ihr Programm heißt „Klassik. Mozart, Mahler & Co Recomposed“ und das Ensemble „Uwaga!“ zeigt Klassik wirklich mal ganz anders. Sie setzen Stücke neu zusammen. Da vermischt sich ein Mozart-Stück mit Bob Marleys „No woman no cry“ – heraus kommt ein „Reggae Violinkonzert“. Sie sind grenzenlos – und ebenso ist ihre sichtbare Spielfreude, die aufs Publikum überspringt.
Schon beim „Klassik Open Air“ 2016 auf Schloss Homburg überschritten „Uwaga!“ die Grenzen der Klassik. Und nicht nur das – sie mischen verschiedene Genres und heraus kommt etwas, was einem ein „Alle Achtung!“ entlockt. Und „Achtung“ ist auch die Übersetzung für das polnische Wort „Uwaga!“. Den Ensemblenamen legten sie sich die vier Herren nämlich bei einer Tour in Polen zu. Dort stand an jedem Bauzaun und an fast jedem Haus ein Schild mit „Uwaga!“ – dazu kommentierte Maurice Maurer: „Da brauchen wir gar nicht mehr extra plakatieren – wir sind ja schon überall angekündigt“.
Mit „Pathetique Adagio“ von Ludwig van Beethoven in einem Arrangement von Maurer kündigten sie sich gleich mal für das nächste Klassik Open Air am 21. Juli auf Schloss Homburg unter dem Titel „Alle Menschen werden Brüder“ – Originale und Fälschungen von und über Ludwig van Beethoven – an. Dort treten sie wieder mit dem Folkwang Kammerorchester Essen auf. Im Burghaus Bielstein kamen sie die vier Musiker ohne weitere Begleitung auf die Bühne. Christoph König ist ein Jazzgeiger mit Punkrock-Erfahrung, ein meisterhaft improvisierender Akkordeonist mit Balkan-Sound im Blut ist Miroslav Nisic, Bassist Matthias Hacker fühlt sich in Symphonieorchestern ebenso zu Hause, wie in Jazzcombos oder Funkbands und Maurice Mauer ist ein virtuoser klassischer Violinist mit Vorliebe für osteuropäische Musik. Das „Pathetique Adagio“ ließ Hacker, der in Sinspert (Reichshof) aufgewachsen ist, erst einmal richtig schön mit dem Kontrabass swingen. Von ihm stammte auch das erste Stück im Programm „Efimias Tanz“, dass er seiner Tochter gewidmet hatte.
Neue, aber auch viele klassische Kompositionen zogen sich durch den Abend im vollbesetzten Burghaus. Auch Englands heimliche Nationalhymne „Pomp and Circumtance“ hatten sie dabei. Bei Tschaikowskis „Nussknacker“ empfahlen sie dem Publikum, besser nicht zu tanzen: Unsere Version ist im 7/8-Takt! Das könnte schwierig werden“. Solche Hinweise, viel Informationen zu den Stücken und zum Ensemble kamen zwischendurch im Wechsel von Maurer und König. Das lockerte das Programm noch mehr auf. So erfuhr das Publikum auch etwas zur Co-Produktion „Könige verschiedener Größen“, von zwei Komponisten, die räumlich und zeitlich etwas entfernt sind. Christoph König hatte für seinen Sohn das Stück „Ach kleiner König“ komponiert und habe, so Maurer, Bach per Facebook eine Anfrage zur Verquickung mit dessen „Ach Du großer König“ gesendet. Es kam keine Antwort – aber in Bielstein eben diese Co-Produktion.
Auch Mozarts Floß, dass er selber gebaut habe und ihn nach Jamaika schipperte, gehörte zu den amüsanten Geschichten rund um die „Uwaga!“ Musik. Ein „Doppelkonzert / Zwei Gitarren“ ist bei ihnen auch mit zwei Violinen, einem Kontrabass und einem Akkordeon möglich. Und natürlich spielten sie etwas von Astor Piazzolla – besonders schön dabei der Klang des Akkordeons, dass Nisic mit viel Hingabe spielte. Gleich zwei Zugaben erhielt das Publikum nach stehenden Ovationen: Eine Mixtur mit Daff Punks „Around the world“ und Mozarts „Alla Turca“. Wer die vier noch nicht erlebt hatte, wusste nach dem Konzert, dass sie mit ihrer erfrischenden Mischung aus überbordender Musikalität und stilistischer Unvoreingenommenheit etwas Besonderes entstehen lassen – und eigentlich ist dann das Klassik Open Air ein „muss“.
Vera Marziniski
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Fotos: Vera Marziniski