Erst schafft Deutschland sich selber ab – so der Titel des ersten Sarrazin-Buches. Im zweiten Buch „Europa braucht den Euro nicht“ weitet er seine Sicht auf Europa aus. Da könnte man eigentlich doch schon ahnen, dass er im dritten Buch – so es dies geben wird – noch globaler wird. Spannend daran: welches Thema wird er wählen? Und diese Frage ist sicher spannender als der Abend im Burghaus war. Eher unaufgeregt gestaltete sich die Literatur-Veranstaltung mit Thilo Sarrazin.
Thilo Sarrazin – Foto: Vera Marzinski
Das Polizeiaufgebot am Burghaus und eine handvoll junger Demonstranten ließen einen zumindest kontroversen Abend im Burghaus Bielstein erwarten. Aber es war eher ein Auftischen von Fakten, Zahlen, Spekulationen. Im Bereich Finanzen ist Thilo Sarrazin ganz in seinem Metier. Viele Zahlen gab es an diesem Abend mit Thilo Sarrazin: Billionen, Milliarden. Zudem Deflation, Inflation, Rankings – alle volkswirtschaftlichen Begriffe fielen irgendwann im Vortrag. Sogar Persönliches gab Sarrazin von sich: Wie oft habe er seiner Mutter versprochen, die Vokabeln besser zu lernen und – es passierte doch nichts. Ähnlich laufe es aber auch in der Euro-Union ab. Und so werde Deutschland immer unauflöslicher mit dem Schicksal der südeuropäischen Länder verbunden. Denn an der übersteigerten Erwartungshandlung anderer – daran sei Deutschland selbst nicht unschuldig.
Der Traum von der Europäischen Währungsunion habe seinen Glanz eingebüßt, so Thilo Sarrazin. In seinem Buch „Europa braucht den Euro nicht“, zeigt er auf wie nach seiner Meinung das politisches Wunschdenken in die Krise geführt habe. Moderator Günther von Lojewski – deutscher Journalist und von 1989 bis 1997 Intendant des Senders Freies Berlin (SFB) – führte zuvor in den Abend ein. Er lobte Sarrazin, dass dieser aus dem ersten Buch gelernt habe und im neuen Buch viel analysiere. Und auch die Gäste im Burghaus merkten schnell: so provokant wie das erste Buch ist das Euro-Buch wahrhaftig nicht.
Und er wagte eine Prognose – was sonst nicht seine Art sei, wie der ehemalige Berliner Finanzsenator betonte. Deutschland werde nicht nur für seine eigenen sondern für sämtliche Schulden in der Währungsunion aufkommen. Radikale Lösungen würden ihm selbst mental sehr entgegen kommen, aber die Vorschläge von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann – entweder die Finanzpolitik weiter national betreiben und eine gegenseitige Haftung für die Schulden anderer Länder vermeiden oder einem großen Sprung in eine Fiskalunion – findet er utopisch. Utopisch aber auch Sarrazins Szenario-Gedanken zu einer „eins zu eins“ Umstellung des Euro zurück in die Deutsche Mark.
Griechenland musste im Rahmen der Euro-Diskussion natürlich angesprochen werden – und das dann ganz ausführlich. Für den Fußball hoffte Sarrazin am Mittwochabend, dass die Griechen das Spiel am Freitag gewinnen – es wäre gut für sie. Aber er gehe davon aus, dass die Deutsche Elf weiterkommen wird.
Vera Marzinski
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Fotos: Vera Marzinski