Beeindruckender Auftakt der Kulturkreisveranstaltungen im Burghaus mit Gioconda Belli

Ihre Deutschland-Lesereise startete Gioconda Belli in Wiehl. Gemeinsam mit Viola Gabor verzauberte sie das Publikum am Montagabend in der Burg in Bielstein. Zwei attraktive, charismatische Frauen lasen zweisprachig aus Gioconda Bellis neustem Buch „Unendlichkeit in Deiner Hand“.


Gioconda Belli – Foto und Video: Christian Melzer

Gioconda Belli ist eine der berühmtesten lateinamerikanischen Schriftstellerinnen unserer Zeit – die nicaraguanische Lyrikerin genießt Weltruhm. Seit ihr 1988 mit „Bewohnte Frau“ der internationale Durchbruch als Schriftstellerin gelang, hat sie mit zahlreichen Romanen, Gedichtbänden und ihrer Autobiographie ein millionenfach gelesenes Werk geschaffen.

Der Kulturkreis Wiehl und die Buchhandlung Hansen & Kröger konnten mit der literarischen Veranstaltung zum Start der Veranstaltungen im Burghaus Bielstein im 4. Quartal 2009 nicht nur ein ausverkauftes Haus sondern auch eine ganz besonderes Highlight verzeichnen. Auf eine Reise zum Anfang der Menschheitsgeschichte nahmen die beiden Damen mit, denn das erste Paar – Adam und Eva – sind die Protagonisten in Gioconda Bellis neustem Roman, den sie am Montagabend im Burghaus in Bielstein präsentierte. Der biblische Schöpfungsmythos aus einer weiblichen Sicht.

„Guten Abend“ – Buenas Noches“ begrüßte die Autorin das Wiehler Publikum. Viola Gabor übersetzte die spanischen Ausführungen von Gioconda Belli und schuf einen fließenden Übergang zwischen den Sprachen. Der Mensch erfinde sich immer wieder neu und verfange sich dabei in selbstgeschaffenen Mythen, erklärte sie. Eva sei nicht die neugierige Frau gewesen sondern die Frau, die in den emotionsgeladenen, leidenschaftlichen Lebensraum geführt habe. Die Zuhörer sollten zunächst einmal die Schuld vergessen, die Eva auf uns geladen haben soll durch den Biss in den Apfel von dem riesigen Baum. Gioconda Belli lud ein, die Geschichte unseres Ursprungs neu anzuschauen und ihr eine andere Wahrhaftigkeit zu verleihen um das Paradies zurück zu gewinnen.

Adam beginnt in dem Roman sein Leben als zufriedener Mensch. Erst Eva bringt Fragen mit, Neugier und die fatale Sehnsucht nach mehr. Und plötzlich ist alles anders. Wie fühlt es sich an, die Schönheit und den Schmerz der Welt völlig neu zu entdecken – und auch das Begehren zwischen Mann und Frau? Kühn, poetisch und sinnlich fühlt Gioconda Belli sich ins Drama des ersten Paares ein und setzt der Schöpfungsgeschichte einen neuen Anfang. Die Schlange verrät Eva, dass Wissen Unruhe wecke und den Widerstand reize. Adam erkennt, dass er sie nicht von der Frucht am Baum abhalten kann, indem er auf ihre nichtvorhandene Fügsamkeit setzt. Ihre beste Gabe ist eher die spontane Lebendigkeit.

Nach dem Biss in die Frucht entdecken Adam und Eva ihre Körper und verschmelzen in ihrer Höhle, die erst ihr Liebesnest wird – aber nach dem Erwachen ist das Ende ihres Paradieses da. Gioconda Bellis gewagte, hintergründige, neuartige Geschichte von Adam und Eva ist faszinierend. Sie zeigt die Verwirrung auf, die das Paar bei den elementarsten Dingen begleitet, als sie diese zum ersten Mal erleben – Hunger, Kälte, Lieben, Töten und Leben schenken.

Gemeinsam mit Viola Gabor schlug Gioconda Belli poetisch-verzaubernd neue Funken aus einem großen mythischen Stoff. Viola Gabor, ist die „deutschen Stimme“ der nicaraguanischen Dichterin. Sie sprach und sang bereits als Kind in Hörspielen und auf der Bühne, später stand sie mit Dietmar Schönherr, Grupo Sal und Ernesto Cardenal auf der Bühne, seit vielen Jahren tourt sie mit Gioconda Belli, deren deutsche Stimme sie ist, und tritt mit Dorothee Sölle auf. Viola Gabor studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Stuttgart und ist Dipl. Sprecherzieherin, Sprecherin, Sängerin und Personal Coach.

Viola Gabor ist besonders der ganzheitliche „Wohlklang des Menschen“ wichtig. Einen besonderen Wortklang hatten die Stimmen der beiden Frauen – sie vermischten sich im Wohlklang auf der Bühne und fanden einen gemeinsamen Rhythmus. Da wurde die Poesie lebendig, die Worte begannen miteinander zu tanzen und es entstand etwas Magisches. Zwischendurch untermalten sie Regenpassagen mit einem „Rainmaker“ und das Meeresrauschen mit einem weiteren rhythmischen Instrument. Sehr emotionsgeladen war die Lesung besonders an der Stelle, wo Eva ihr Kind Abel verliert und ihre Erinnerung an seine Geburt hochkommen. Da flossen ein paar Tränen bei der Autorin und Viola Gabor brachte es mit der spanischen Version von „How fragile we are“ – einem Lied von Sting – noch mal auf den Punkt, wie verletzlich die menschliche Seele ist. Gioconda Belli, 1948 in Nicaragua geboren, studierte in Spanien und in den USA. Ab 1970 beteiligte sich Gioconda Belli am Widerstand der Sandinistischen Befreiungsfront gegen die Diktatur Somozas. 1975 verließ sie Nicaragua und ging ins Exil; zunächst nach Mexico, dann nach Costa Rica. 1976 wurde sie von einem Gericht wegen subversiver Aktivitäten in Abwesenheit zu sieben Jahren Haft verurteilt. Im August 1978 kehrte sie mit ihren Kindern nach Nicaragua zurück, wo sie vor allem im Bereich der politischen Bildung tätig war. Inzwischen lebt Gioconda Belli, die insgesamt vier Kinder hat, in Los Angeles und Nicaragua Im Januar 2010 wird sie aber wieder ganz nach Nicaragua ziehen und hoffentlich noch viele literarische Leckerbissen schreiben und veröffentlichen.

Vera Marzinski

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Fotos: Christian Melzer

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